Auszug aus Interview mit Prof. em Zahner in Visit 1/2025, Magazin der Pro Senectute Kt. Zürich
Bewegungsfreudige Kinder wirken ansteckend
Die Stiftung Hopp-la bringt Kinder mit älteren Menschen zusammen. Mit welchem Erfolg? Gespräch mit Sportwissenschaftler Lukas Zahner.
Herr Zahner, Sie sind ein Experte in der intergenerativen Bewegungsförderung. Wie kommt das?
Ich habe Sportwissenschaften und Biologie studiert. Meine Dissertation habe ich im Bereich der körperlichen Leistungsfähigkeit älterer Menschen gemacht, die Habilitation hingegen im Bereich der Bewegungsförderungen bei Kindern. So habe ich beide Bereiche forschungsmässig verfolgt.
Und dann?
Über 30 Jahre habe ich am Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit der Universität Basel gearbeitet und geforscht, viele Jahre davon als Lehrstuhlinhaber. Ich habe den Fachbereich Bewegungs- und Trainingswissenschaft aufgebaut, vor allem mit dem Forschungsschwerpunkt Kinder. Wir haben die erste grosse Kinder- und Jugendsport-Studie (KISS) in der Schweiz durchgeführt, die auch international grosse Beachtung fand. Zudem haben wir im Bereich der Kraftförderung und Sturzprävention bei älteren Menschen geforscht.
Sie sind als Gründer und Stiftungsratspräsident auch bei Hopp-la engagiert. Worum geht es dort?
Meine beiden Forschunsbereiche Kinder und ältere Menschen finden in Hopp-la zusammen. Es geht darum, die igenerationenverbindende Bewegungs- und Gesundheitsförderung breit in der Gesellschaft zu verankern. Wir haben beispielsweise mit einem Partner zusammen Spielgeräte entwickelt für eine intergenerative Gestaltung öffentlicher Plätze.
Worin besteht das Angebot der Stiftung?
Einerseits bieten wir Beratungen an für Gemeinden, Firmen und Schulen, anderseits unterstützen wir auch ganz tatkräftig. Etwa bei der Konzeption von Bewegungs- und Begegnungszentren.
Warum ist diese intergenerative Bewegungsförderung denn so wichtig?
Weil alle davon profitieren, nicht nur die Seniorinnen und Senioren, sondern auch die Kinder. Auch das haben wir im Rahmen einer Dissertation untersucht. Wir wollten wissen, ob man Vorteile oder Nachteile feststellen kann, wenn man in Bezug auf die Bewegungsförderung die Kinder einer intergenerativen Gruppe mit einer Peergroup vergleicht, die unter sich bleibt. Dabei ist klar hervorgegangen, dass die intergenerative Gruppe am meisten profitiert.
Was genau ist der Gewinn für die Seniorinnen und Senioren?
Als wir von der Uni Basel aus eine Altersresidenz und einen Kinderhort einmal pro Woche zusammenbrachten, konnten wir viele schöne Erfahrungen machen. Im Vordergrund standen die Begegnungen. Die Bewegungsfreude der Kinder wirkte sehr ansteckend. Ältere Menschen, die zum Beispiel bei einem Tanznachmittag ‘nur zuschauen wollten’, tanzten plötzlich mit. Wenn ich einem älteren Menschen sage, mach dies, mach jenes, ist das für ihn oft langweilig. Wenn Kinder dabei sind, passieren zehn Kniebeugen spielend.
Inwiefern profitieren auch die Kinder?
Ein intergenerativer Ansatz fördert die Sprachentwicklung, das gegenseitige Verständnis und - nicht zu unterschätzen - die sozialen Kompetenzen. Dies wiederum beeinflusst die emotionale und physische Gesundheit positiv. Doach auch was die Bewegungsförderung anbelangt, besteht bedarf.
Wie meinen Sie das?
Generell kann man sagen: Viele Kinder haben zu wenig Bewegung. Mit Folgen wie Übergewicht, Konzentrationsschwierigkeiten und so weiter. Die körperliche, aber auch kognitive Entwicklung eines Kindes ist abhängig von der Bewegungsaktivität. Alle Organsysteme profitieren von genügend Bewegung. Zu wenig Bewegung beeinflusst die Knochenentwicklung negativ. Osteoporose im Alter ist ein Folgeproblem.
Gibt es Bereiche, in denen beide Gruppen gleichermassen profitieren?
Durchaus. Zum Beispiel bei Übungen für Kraft und Gleichgewicht. Das kommt beiden zugute. Es sind die wichtigsten Faktoren der Sturzprävention. Um Stürze einzuschränken, braucht es ein Minimum an Kraft und Gleichgewichtsfähigkeit. Dafür muss man etwas tun. Hier ist die Frage: Wie können wir ältere Menschen dazu bringen, sich genügend zu bewegen.
Wie gelingt das?
Mit Aktivitäten, die Freude bereiten. Ich persönlich habe einen Hund. Durch die Freundschaft mit dem Tier gelingt es mir, dass ich mich zwei- bis dreimal täglich draussen bewege. Es kann aber auch ein Museumsbesuch sein oder ein regelmässiges Treffen mit Freunden und selbstverständlich auch die Verbindung mit Kindern.